Kiwi Baumoptimierung & la bon vivant
24.07.2016Neuseeland, Nordinselabenteuer
5 (1 Bewertung)Opotiki
Wir folgen dem Ruf der Kiwis: Ganz unverhofft führt uns unser Weg von Waihi, der Goldgräberstadt, entlang der Ostküste zurück nach Opotiki. Unsere neuen Freunde aus Frankreich, Mimi & Gaël, haben uns einen Job vermittelt. Und obwohl nur noch knapp zwei Wochen bleiben, bevor wir Biancas Eltern in Neuseeland begrüßen dürfen, nehmen wir den Job an. Wir verbringen viel Zeit mit unseren Freunden, überstehen frostige Nächte, machen einen sehr wichtigen Job und tauchen ein wenig tiefer in die neuseeländische Maori-Kultur ein.
Schon als wir bei unserem neuen Arbeitgeber Collin am Haus stehen, erleben wir mal wieder neuseeländische Freundlichkeit: Bei Kaffee, Keksen und Smalltalk wird der nötige Papierkram erledigt. Es stellt sich heraus, dass seine Frau aus der Nähe von Lübeck stammt und sie freut sich, mal wieder Deutsch zu sprechen. Auch der kleine Sohn Finn ist hin und weg über den Besuch und benutzt Thomas als Kletterburg. An der ISite, so verspricht uns Camper Mate (die App für alle Bedürfnisse eines Campers in Neuseeland), gibt es eine heiße Dusche. Frisch gewaschen treffen wir dann auch zufällig auf unsere Freunde an der Sparkbox. Lustig: wie es die Motten zum Licht zieht, so versammeln sich früher oder später die meisten Backpacker um eine funktionierende Internetquelle. Wir plauschen kurz und das Wiedersehen ist fröhlich und herzlich. Noch am selben Abend sitzen wir zusammen im Haus ihrer Gastgeberin Bobby beim Dinner. Bobby ist eine herzliche Maori Dame und unsere beiden Franzosen haben sie bei einer Reise in Südamerika kennengelernt und Kontaktdaten ausgetauscht.Die Warmherzigkeit und die Gastfreundschaft der Kiwis ist überwältigend. Mimi und Gaël dürfen bei Ihr wohnen und sind ganz offenbar froh über eine warme Stube und die heiße Dusche. An diesem Abend kochen wir vier zusammen und tauschen uns über die Erlebnisse der letzten Wochen aus - Bobby isst bei ihrer Familie.
Der frühe Vogel macht den "pull"
An unserem ersten Arbeitstag treffen wir uns um 07:30h am Haus unseres Arbeitgebers und fahren anschließend alle zusammen im "Firmen-Van" nach Te Kaha. Dort ist die Kiwifrucht Plantage, auf der wir arbeiten sollen. Die Fahrt dorthin dauert 1h und wir sind alle noch etwas müde und schweigsam. Um ehrlich zu sein, auch deswegen, weil es geregnet hat und die engen Straßen entlang der Steilküsten ziemlich schmierig aussehen. Doch unser Chef Collin rast um jede Kurve. Erst als seine eigene Tochter das Wort ergreift, fährt er ruhiger. Um 08:30h erreichen wir dann den Orchard und Collin gibt jedem eine Gürteltasche mit einer Gartenschere und einen Beutel zum Sammeln für die Stricke. Der Chef erklärt uns, dass wir die Kiwiranken "befreien sollen".
Nun muss man dazu wissen, dass Kiwis an Bäumen wachsen, die so geschnitten werden, dass ihre Äste auf etwas 1,80m Höhe wie ein Dach zusammen wachsen. Das lässt die Kiwis am Ende besser pflücken. An jeder Baumreihe stehen große Holzpfosten (ca. 4-5m hoch) mit Draht. An diesem Draht sind zu jeder Seite schwarze Stricke im 45-Grad-Winkel befestigt. An diesen rankt sich der neu wachsende Kiwi Ast entlang nach oben und wird so schön lang, trägt also in der nächsten Saison schön viele Früchte.
Unsere Aufgabe ist es, diese neuen Äste aus ihrem 45-Grad-Winkel-Wachstum nach unten zu holen. Dafür muss man erstmal so viel wie möglich vom schwarzen Strick-Ast-Chaos entwirren und dann ziehen: "pull" und so möglichst viel, besser noch Alles von der frisch gewachsenen Ranke nach unten holen. Es sollte möglichst wenig abbrechen. Das mit dem "pull" ist hauptsächlich eine Aufgabe für die Jungs und wir Mädchen sollen die übrigbleibenden schwarzen Stricke, also die "strings" abschneiden. Ebenfalls so hoch wie möglich.
Die erste Pause genießen wir um 11Uhr. Alle Arbeiter, darunter außer uns vier Travellern fast alles local Maoris, versammeln uns auf einer Art Veranda am Häuschen im Orchard, wo es heißes Wasser für Kaffee und Tee und eine Mikrowelle gibt. Wir verputzen unsere Sandwiches und hören erstmal fasziniert zu, was die anderen Kollegen zu erzählen haben. Der Besitzer des Häuschens, von uns liebevoll "the mustache guy" (der Mann mit dem Schnurrbart) genannt, ist offenbar sehr interessiert an Deutschland. Er fragt uns jede Pause exakt eine Frage über Land & Leute. Über Frankreich weiß er eigentlich nur von Terror-Anschlägen. Die halbe Stunde Pause vergeht viel zu schnell und schon sind wir wieder an der Arbeit. Die nächste Pause kommt dann um 14Uhr und Feierabend ist 16:30h. Passend zum Ende der Arbeit geht ein Regenguss hernieder und wir sind alle froh im Auto auf dem Weg nach Hause zu sitzen.
Er zaubert ein liebevolles Abendessen und auch die Brote für den nächsten Tag sind schon vorbereitet. Der nächste Arbeitstag unterscheidet sich eigentlich nur dadurch, dass uns heute ein neuer Kollege namens "T“ nach Te Kaha fährt. Ansonsten sind wir weiter fleißig wie bisher und die Jungs holen so viele Ranken wie nur möglich runter. Thomas ist meistens etwas zu stark für die morschen Holzpole und da kracht schon mal einer durch. Ups – passiert. Zwischendurch unterhalten uns prima mit unseren Freunden und der Tag vergeht so auch irgendwie. Unsere Kollegen sind meistens ziemlich entspannt. Wenn es zu regnen anfängt, dann stellen sie sich als erste irgendwo unter und warten bis der Schauer vorüber ist. Da sie nicht alleine rumstehen wollen, rufen sie uns dazu. Überhaupt ist die Stimmung sehr gut und in den Pausen gibt es immer ein lustiges Schwätzchen.Die anstrengende Arbeit und das ständige nach oben Schauen bzw. über Kopf mit den Händen arbeiten fordert leider ihren Tribut: Bianca liegt mit höllischen Kopfschmerzen im Bett, während Thomas sich ganz allein um den Haushalt kümmert
Winterliche Temperaturen in Opotiki
Am Dienstag dem 19.07 (der Tag muss schriftlich notiert werden) hatten wir tatsächlich morgens Eis auf unserer Frontscheibe. Frost! Echt jetzt?! Gar nicht so einfach, das Eis von der Scheibe zu bekommen, so ganz ohne Kratzer. So kalt ist es mittlerweile hier in der Bay of Plenty. Das merken leider auch Mimi & Gaël, denn ihre Van-Batterie macht leider an diesem Morgen schlapp. Wir helfen selbstverständlich am Nachmittag ihrem Van auf die Sprünge: Marty gibt Starthilfe.
Generell haben wir aber viel Glück mit dem Wetter und tagsüber kommt fast immer die Sonne raus. Das nutzen wir auch für ein kleines Fotoshooting mit unseren Freunden. Wir lachen uns kaputt und die Arbeit erledigt sich wie nebenbei. Es sind herrlich entspannte Herbsttage im Kiwi-Orchard.
Leider vergeht uns das Lachen, als uns zwei der Kollegen darauf hinweisen, dass wir die Arbeit nicht richtig machen und auch nicht schnell genug sind. Wir sind ein wenig irritiert darüber, denn wir machen alles genauso wie unser Chef es gewünscht hat. Es stellt sich heraus, dass wir die schwarzen Stricke gar nicht abschneiden, sondern wieder festknoten sollen.
Thomas, als Sprecher unserer Gruppe, bekommt gezeigt wie es geht und soll es dann uns Anderen beibringen. Es dauert ein bisschen, aber schließlich haben wir es alle drauf. Von nun an machen wir Mädels Knoten, Knoten, Knoten und die Jungs müssen weiter fleißig die Ranken runterholen. "Pull"Dazu müssen wir zunächst erstmal den besonderen Kiwi-Knoten lernen
La vie en francais & der Zauberkater Te Kuru
Am Abend dürfen wir bei Bobby im Haus übernachten, während sie bei ihren Schwestern wohnt. Sie stehen sich alle sehr nahe und sehen sich täglich. Wir freuen uns umso mehr, dass wir auch in den Genuss der Maori Gastfreundlichkeit kommen dürfen. Und vor allem über die heiße Dusche. Gaël heizt das Feuer im Kamin an und wir sitzen gemütlich beisammen. Wir haben so viel Spaß und lachen den ganzen Abend. Es gibt Käse, Wein und Cracker als Aperitif. Überhaupt ist es toll, ein bisschen den französischen Lifestyle von den Beiden gezeigt zu bekommen. Und in den vielen Gesprächen stellt sich heraus, dass wir Franzosen und Deutschen uns ähnlicher sind, als uns beiden Starköpfen eigentlich recht ist. Von wegen ewiger Feind.
In Bobbys Haus lebt noch ein anderer Mitbewohner: Te Kuru. Er ist eigentlich der Kater vom Nachbarn, geht aber im Haus ein und aus wie es ihm beliebt. Und ein Blick in seine Augen überzeugt uns sofort, diese Katze hat magische Kräfte oder zumindest sieht er aus wie Baba Yagas bester Freund. Sicher ist aber, dass Te Kuru ganz genau weiß, wer hier der Boss ist. Wenn er keine Lust mehr hat, gestreichelt zu werden, dann beißt er ohne großes Federlesen einfach in die Hand, die ihn stört. Problem erledigt, Te Kuru sorgt für Ordnung in "seinem Haus.
Marty der Hitzkopf braucht eine Abkühlung
Irgendwas ist aber auch immer. Marty macht uns Sorgen und braucht offenbar ein bisschen Pflege. Denn obwohl es draußen winterlich-frostig-kalt ist, überhitzt der Motor neuerdings und zwar in Windeseile. Der Anfahrtsweg zu Collins Haus ist steil und Martys Temperaturanzeige klettert mit jedem Meter den Berg hinauf. Irgendwann bemerken wir auch ein komisches Zischen aus dem Motorraum.
Zumindest nimmt er an, dass es sich um des Pudels wahren Kern handelt. An einem Tag sind wir ungewöhnlicherweise in einem anderen Orchard beschäftigt, da es in Te Kaha regnet. Dort sind wir vier ganz allein und fragen uns schon, ob das ein gutes Zeichen oder eher eine Bestrafung wegen schlechter Arbeit ist. Glücklicherweise hat Collin in seinem dortigen Schuppen eine Ersatzklemme für uns und es gelingt, diese in der Mittagspause zu installieren und somit das Leck zu verschließen. Wir füllen neue Kühlflüssigkeit auf und nach kurzer Zeit läuft Marty wieder wie geschmiert. Man muss sich nur zu helfen wissen, haben unsere Eltern immer gesagt. Da ist tatsächlich was dran.Thomas, der hauseigene Mechaniker, findet nach kurzer Untersuchung das Problem. Der Schlauch mit der Kühlflüssigkeit leckt
Ein gefiederter Freund
Obwohl wir viel Zeit bei unseren Freunden in Bobbys Haus verbringen konnten, müssen wir trotzdem noch den alten Campergewohnheiten nachgehen. Wir suchen nach der Arbeit eine Dumpstation auf, um unser Abwasser loszuwerden. Dazu müssen wir ein wenig durch die Dunkelheit fahren. An einer Landstraße befindet sich dann eine kleine Parkbucht mit einer einzelnen Laterne und der gewünschten Einrichtung. Und noch mehr als das: Während wir das Abwasser im Auffangbecken verschwinden lassen, bemerken wir einen gefiederten Beobachter im Laternenlicht. Es ist tatsächlich ein Morepork. Eine kleine endemische Eulenart. Er schaut uns sehr interessiert zu und es ist wirklich ein purer Glücksfall, dass er so erleuchtet auf dem Kasten unter der Laterne sitzt. Sonst sind sie als nachtaktive Tiere schwer zu sehen, vorallem noch schwerer zu fotografieren. Die Mühe des Weges hat sich somit doppelt gelohnt.
T hat uns dazu auch eine kleine Anekdote berichtet:
Er erzählt uns auf einer Hin- oder Rückfahrt, dass der Ruf des Moreporks Unheil bedeute. Früher, als die Stämme mal wieder gegeneinander kämpften, benutzten die Maori Krieger den Ruf der possierlichen Eule als Kommunikationsmittel bei der Belauerung eines feindlichen Dorfes. Damit konnten sie sich mehr oder weniger unbemerkt vor dem Angriff koordinieren. Entsprechend wurde und offenbar wird man als Maori misstrauisch, wenn man ungewöhnlich viele Morepork-Rufe in einer Nacht hört. Unser kleiner gefiederter Freund hat aber keinen Mucks von sich gegeben. Nochmal Glück gehabt.
Und so erfahren wir auch so viel von unseren Maori-Kollegen über ihre Kultur und ihr Leben und die Gegend. Maori sind auf alle Fälle sehr naturnah. Ihr Respekt gegenüber dem Leben und jeder spirituellen Kraft eines Wesens ist beeindruckend. Irgendwie traurig, dass wir Christen das verloren haben. Aber es geht auch um das moderne Leben: Um die Pokemon-App (wir haben nichts davon gehört, bis wir in der Mittagspause davon sprachen), darum was man so alkoholisches trinkt, wieviel das Gras in Deutschland kostet (die Jungs kiffen, da würde Bob Marley blass gegen) und und und...
Am Freitag ist dann auch unser letzter Arbeitstag und wir sind wieder in Te Kaha. Wir sind super glücklich, denn wir haben 8 Tage am Stück durchgearbeitet. Nach der allgemeinen Wetterlage wären wir auch mit 3 oder 4 sehr gut dran gewesen. So aber konnten wir nochmal die Reisekasse auffüllen. Das Wochenende verbringen wir mit Mimi und Gaël in Bobbys Haus. Und wir machen es uns richtig gemütlich. Es gibt selbstgemachte Pizza, Wein und Süßigkeiten. Am Samstag gibt es dann leider noch einen Schockmoment, als Thomas's Laptop seinen Geist aufgibt. Der Akku war schon die ganze Zeit etwas lahm, aber nun ist es völlig vorbei.
Das war's dann erstmal mit sinnvollem Arbeiten am Laptop. Mist
Wir genießen noch die letzten Stunden mit Mimi und Gaël. Der Abschied fällt uns dann sehr schwer und ein paar Tränen können auch nicht mehr zurück gehalten werden. Es wird einfach nicht leichter, Abschied zu nehmen. Selbst wenn man schon ein bisschen Übung darin hat. Aber wir sehen uns bestimmt schon bald wieder und vor uns liegen ohnehin wieder neue Abenteuer.
Abenteuer-Übersicht
2adventurers Fotos aus
Opotiki
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